Kapitel 1 - Neue Hoffnung für Anima

Elraynn wurde langsam müde. Das ständige Wühlen durch das Unterholz und das Überklettern liegender Baumstämme oder großer Felsen, war auf die Dauer echt anstrengend...
Die Fähe lief mit hängedem Kopf hinter Slayer her, als dieser plötzlich stehen blieb. Neugierig stellte Elraynn die Ohren auf und linste an dem schwarzen Rüden vorbei. Dort bot sich ihr ein Bild des Grauens... Erst jetzt nahm sie den starken Blutgeruch war...
Obwohl sie gar nicht genauer hinsehen wollte, schob sie sich vorsichtig neben Slayer und konnte den Blick nicht von den toten, vor Entsetzen geweiteten Augen des Wolfsleichnahms nehmen. Sein sonst anscheinend glattes gepflegtes Fell war von zahlreichen Fleischwunden übersät. Dies war nicht das Werk eines Einzelnen... Er musste von einer ganzen Horde überfallen worden sein... Waren es hungrige Kojoten gewesen? Oder Füchse? Oder lebte hier ein Wolfsrudel, welches äußerst brutal seine Grenzen verteidigte?
Skeptisch begutachtet Elraynn den "Tatort" und umrundete den toten Wolf ein paar mal. Die Erde war nur leicht aufgewühlt. Entweder war er überrascht worden oder den Kampf war nur von sehr kurzer Dauer gewesen. An den Zähnen des Toten klebte kein fremdes Blut. Offensichtlich war alles so schnell gegangen, dass er sich nicht mal hatte verteidigen können.
Elraynns Blick wanderte über die kleine Lichtung. An einem Dornenbusch fiel ihr etwas auf, das eindeutig nicht so aussah, als wäre es Teil einer Pflanze. Die Fähe trat näher heran. Es war ein Fellbüschel. Ein verfilztes, dunkles und schmutziges Fellbüschel. Vorsichtig schnupperte sie daran. Es hatte einen anderen Geruch, als der tote Wolf, der unweit von ihr auf der Erde lag. Es roch vielmehr nach Erde und Staub... und irgendwie... faulig...
Da fiel es Elraynn wie Schuppen von den Augen. Dieses Stückchen Fell stammte von den Angreifern. Und bei den Angreifern handelte es sich um nichts anderes, als um die Besessenen... Der faulige Geruch, der an ihnen haftete zeugte von ihrem körperlichen Zerfall, da der Dämon wie eine langsam fortschreitende, aber schwere Krankheit in ihnen wütete, aber sie doch niemals töten würde...

Slayers Worte rissen sie aus ihren Gedanken. Schockiert fuhr sie herum und schaute in die Richtung in die auch der Rüde blickte... Den Atem anhaltend scannte sie die Landschaft mit ihren Blicken ab.
Was würde gleich geschehen? Würde sie schneller gegen die Besessenen kämpfen müssen, als ihr lieb war?
Mehr vor Angst, als vor Kampfbereitschaft strotzend, knurrte Elraynn leise und legte die Ohren an.

Je länger er verharrte desto sicherer wurde Slayer. Es war ein Besessener. Oder gar mehr? Schließlich kam der vermeindliche Wolf heraus. Oder was von ihm noch übrig war. Zerfallen knurrte er die beiden an, die Augen waren etwas hervorgetreten.
Für Slayer war es ein leicht gewohnter Anblick - ihn hatten ja einige schon versucht zu töten. Das hieß aber nicht das es auch ein leichter Kampf sein würde. Sie waren berechenbar...aber sie hatten vor dem Tod auch keine Angst. Wie auch, es interessierte sie nicht. Den Besessenen interessierte es nur zu töten.

Besagter Besessener jedoch fixierte Elraynn und lief los. Als Slayer das klar wurde wurde er leicht panisch. Vor ihr gelangen konnte er nicht mehr rechtzeitig aber...
Mit Anlauf versuchte er Elraynn - wenn auch etwas unsanft - von der Position wo sie stand wegzustoßen. Als sein Körper ihren traf, wurde er ein wenig benommen und reagierte zu spät auf den Besessenen, der nun ihn ansprang.

Das faulige Gebiss des Wolfes war nun über das seinige und das unnatürlich klingende Knurren machte ihm zum ersten mal richtig klar das es nichts normales war was er zu bekämpfen versuchte. Seine Vorderpfoten stemmte er gegen die Brust des Angreifers. so verhinderte er das er mit der schnautze näher kam.
Fakt war jeodch, das wenn er nun versuchen würde den Hals des Wolfes zu erreichen, würde dieser womöglich schneller sein. Die Ohren anlegend überlegte er - und vergas für den Moment, das Elraynn ja noch da war.

Er hatte immer alleine gekämpft, das jemand nun in seiner Nähe war hatte er komplett vergessen.

Vor Elraynns Augen spielte sich alles wie in Zeitlupe ab. Sie sah nur noch die grässliche Fratze des Besessenen, die zwischen dem Unterholz hervorbrach und mit gefletschten Zähnen auf sie zusteuerte. Sie war so schockiert, dass sie sich nicht mehr bewegen konnte.
Erst als der Wolf nur noch wenige Schnauzenlängen von ihr entfernt war, spürte sie einen harten Stoß in ihre Seite von einem weichem, aber doch sehr kräftigem Körper. Unsanft taumelte sie ein Stückchen in die Richtung, in die sie gedrängt wurde. Ihre Beine knickten schließlich unter ihr weg und sie landete ziemlich unelegant auf dem Bauch. Benommen schüttelte sie sich.
"Was zur Hölle...?!" setzte sie an, doch der Anblick der sich ihr bot wischten ihr jegliche Worte vom Maul. Sie sah mit an wie der Besessene sich auf Slayer stürzte und dieser in letzter Sekunde die Vorderpfoten gegen dessen Brust stemmen konnte, um zu verhindern, dass er ernsthaft von seinem Angreifer verletzt wurde.
Ohne noch groß über ihr Handeln nachzudenken, sprang Elraynn auf und schaffte es mit wenigen Sätzen zu ihrem kämpfenden Freund. Ihr Verstand war ausgeschaltet. Sie handelte nur noch nach ihren Instinkten -eine Fähigkeit, die sie erst erlernt hatte, als sie die schützende Obhut ihres Rudels verlassen hatte.
Mit einem wilden Knurren packte sie den Besessenen in seinem stinkenden, verfilzten Nackenfell und zerrte wie wild daran, um ihm einen gezielten Biss in Slayers Kehle erheblich zu erschweren.
Rasend vor Wut fuhr der Besessene herum und verfehlte Elraynns Gesicht nur knapp mit seinen Reißzähnen. Doch die Fähe ließ sich nicht abschütteln und bohrte ihre Zähne tiefer in sein Fleisch. Brüllend bäumte der Besessene sich auf und taumelte für wenige Sekunden auf den Hinterbeinen, bevor er sich schließlich auf den Rücken fallen ließ. Nun musste Elraynn los lassen, wenn sie nicht unter ihm halb begraben werden wollte. Mit den Vorderpfoten stieß sie sich von ihm ab und landete ein paar Schritte entfernt auf der Erde. Schwer atmend und mit heraushängender Zunge starrte sie den Besessenen an, der sich mit einem raschen Sprung wieder aufrappelte und mit wilden Blicken abwechselnd sie und Slayer fixierte, wobei er sich immer wieder ruckartig um sich selbst drehte. Er schien zu überlegen, wen von beiden er zuerst ins Jenseits schicken wollte...

Aus dem Hals des Besessenen tropfte Blut. Es war sehr, sehr dunkel, fast schwarz. Dieser knurrte heftig und fixierte wieder Elraynn. Wie konnte sie es nur wagen! Sie hielt ihn von seiner Beute ab.

Slayer starrte nach oben als er noch auf dem Rücken lag. Er lebte tatsächlich noch. Als er sich dann aufrappelte sah er Elraynn wie sie vor dem Besessenen stand und knurrte. Er sah sie eine Weile an. Sie hatte ihm grade das Leben gerettet. Vor allem - sie hatte diesen Besessenen von Slayer runtergezerrt. So viel Kraft hätte er ihr garnicht zugetrau. Und vor allem: so einen Kampfgeist sah er selten bei anderen Wölfen. Doch das Knurren beider riss ihn wieder in die Realität. Das der Besessene nun Slayer ignorierte, passte ihm gerade. Er ging einige Schritte zurück - wartete.

Der krankhafte schien langsam auf sie zuzugehen. Ein übertriebenes, geiferndes Grinsen zierte seine Lefzen - das er blutete merkte er anscheinend nicht mal ansatzweise. Die Augen fixierten wieder die Wölfin, und in einer psychodelischen Weise speihte er Worte hervor. "Du...TOD!" und nun sprintete er auf sie zu. Mit geknurre und gefletsche.
Kurz vor ihr allerdings zog es den Wolf zur Seite. Slayer war mit Wuchtm, präziese mit seinen Fängen gegen den Hals des Besessenen gepfeffert. Dieser war so überrascht, das der schwarze Rüde sogar Zeit hatte, mit einem Ruck und hörbarem Krachen das Genick des Besessenen zu brechen. Dann spuckte er einmal fast würgend aus.

Keuchend sah er nun auf die Leiche, die immernoch das bestialische Grinsen besaß. Fast wie eingebrannt. "Möge deine Seele Gnade finden, wo du sie gesucht hast. Finde deinen Frieden." sagte er zu dem nun toten Wolf. Sein Blick glitt zu Elraynn, ehe er sich zu ihr auch umdrehte. "Du hast mir vorhin mein Leben bewahrt. Ich stehe in deiner Schuld." er neigte etwas den Kopf, fast als deute er eine Art 'Verbeugung' oder so an. Man sieht zumindest, das er ihr das sehr hoch anrechnet.

Elraynn spürte allmählich wie ihr anfängliches Selbstvertrauen langsam schwand, als der Besessene ein paar schwer verständliche Drohungen brabbelte und seinen wahnsinnigen Blick auf sie richtete. Als er schließlich in ihrer Richtung lossprintete, konnte die Fähe nichts anderes mehr tun, als wie angewurzelt stehen zu bleiben und die Augen zu schließen.
Erst als sie das dumpfe Geräusch zweier aufeinander prallender Körper hörte, gefolgt von einem grässlichen Krachen, wagte sie wieder einen Blick.

Slayer stand über dem leblosen Körper des Besessenen, dessen leerer Blick immer noch vor Bösartigkeit trotzte.
Schaudernd wandte Elraynn den Blick ab und machte ein paar Schritte auf Slayer zu.
"Geht es dir gut?" fragte sie besorgt. "Bist du verletzt?"

Was der schwarze Rüde als nächstes sagte, ließ Elraynn überrascht mit den Ohren zucken.
"Oh, Slay..." antwortete sie zögernd. "Du hast mich soeben genauso vor dem sicheren Tode bewahrt. Hättest du dieses...Ding...nicht getötet, würde ich wahrscheinlich nicht viel besser aussehen..."

Elraynn trat nun noch ein Stückchen näher an den Leichnam heran. Aus seinem geöffneten Maul floss ein wenig dunkles Blut und sammelte sich in einer kleinen Lake. Plötzlich glaubte Elraynn etwas zu sehen. Verwirrt schüttelte sie den Kopf und schaute ein zweites Mal hin, doch ihre Sinne hatten ihr offenbar keinen Streich gespielt. Ein schwarzer Dampf trat aus der Brust des Toten hervor, dort wo sein Herz saß. In einer sich windenden Säule stieg der Dunst nach oben und nahm allmählich Form an. Die Form eines dürren schwarzen Wolfes mit langen Klauen, scharfen Zähnen und unheilvoll leuchtenden roten Augen. Ein wildes schmerzerfülltes Knurren hallte durch den Wald bevor sich die Gestalt wieder auflöste.
"Beim leuchtenden Mond! Soeben hat der Dämon seinen Körper verlassen!" dachte Elraynn schockiert.
Die schwarze Rauchsäule wurde allmählich immer heller und war von kleinen Lichtpunkten gesprenkelt. Schemenhaft, nicht ganz so deutlich wie zuvor, glaubte Elraynn erneut eine wolfsähnliche Gestalt erkennen zu können. Doch bevor man genauer hinsehen konnte, löste sich die Erscheinung in Luft auf.
"Ich danke euch..." hallte ein flüsternde leise Stimme durch den Wald.

Staunen blickte Elraynn gen Himmel. Es war das erste Mal, dass sie eine der geheimnisvollen Seelen zu Gesicht bekommen hatte...

Auch für Slayer war es das erste mal das er eine Seele sah. Nachdem diese verschwand, sagte er fast schon resigniert. "Anscheinend ist der Tod für die die einzige Erlösung..."
Sein Blick glitt zu Elraynn. "Ich muss zugeben dich körperlich falsch eingeschätzt zu haben. Du hast definitiv was drauf" er zog die Lefzen zu einem lächeln hoch, auch wenn man ihm die Erschöpfung deutlich ansah.

Nun sah er sich die Leiche des Wolfes erneut an. Das Grinsen war verflogen, der Wolf wirkte jetzt normal. Wie ein toter Wolf der dem Zerfall zum Opfer fiel.
"Ich begreife wieso sie so stark sind..." sagte er dann, nachdem er die Leiche angestarrt hatte.
Es war klar. Jemand der nichts zu verlieren hatte, der nicht mal den Tod fürchtete, würde alles tun was in seiner Kraft steht. Jedes Wesen hat eine gewisse Hemmschwelle. Etwas was ihn vor eigenverletzungen zurückhielt - den Besessenen fehlte dies.
Der Wolf blickte in die Richtung in der sie gehen sollten. "Wir sollten einen kleinen Umweg einlegen denk ich..." fügte er noch hinzu.

Elraynn zuckte verlegen mit den Ohren, als Slayer sein Kompliment aussprach. Irgendwie spürte sie, dass es ihr wichtig war, was der schwarze Rüde von ihr hielt. Sie wollte einfach nicht schwach wirken und zeigen, dass sie auch gute Kampfleistungen abliefern konnte, auch wenn sie diese nicht von klein auf gelernt hatte.
"Nun, du bist aber auch ziemlich stark" druckste Elraynn leise herum und trat ein wenig nervös von einer Pfote auf die andere. "aber das hörst du sicher oft..."

Elraynns Blick glitt noch einmal hinüber zu dem toten Wolf. Er sah nun schon ein wenig friedlicher aus. Nur sein leerer Blick jagte ihr einen leichten Schauer über den Rücken... Sie war kurzzeitig so gefesselt von seinen toten Augen, dass sie nur halb mitbekam, was Slayer sagte und auch erst ein paar Augenblicke später antwortete.
Ruckartig riss sie ihren Blick von der Leiche los und schaute den Rüden an, der ihr vorschlug einen etwas anderen Weg einzuschlagen.
"Ja... ich glaube du hast recht. Wir sollten ein wenig tiefer in den Wald vordringen oder? Angeblich wird dieser Wald von vielen Seelen bewohnt. Ihre Anwesenheit fürchten die Dämonen und die Besessenen ein wenig. Dies sollten wir ausnutzen"

Elraynn hob den Kopf und schnüffelte. Die Luft war rein und die einzigen Lebewesen hier in der Nähe die sie wahrnehmen konnte, waren Slayer und sie.
"Natürlich gibt es immer Ausnahmen" fügte sie grummelnd hinzu und deutete mit dem Kopf auf den toten Wolf, jedoch ohne ihn noch ein weiteres mal anzusehen.

"Eigendlich weniger....das ist das erste mal das man das zu mir sagt." er sah Elraynn dabei an. Sie wirkte etwas nervös. Sein Kopf glitt langsam herum. Dann setzte er sich in Bewegung, ein wenig in den Wald hinein. Die Richtung würde das vorrankommen der eigendlichen Route erschweren.

Sie würden über viele Wurzeln klettern. Der ein oder andere Besessene streifte ihren Weg, doch die 'Kämpfe' erübrigten sich meist auch. Entweder sie liefen nach ein paar Momenten weg wenn Slayer sich ihnen annahm, oder sie wurden nicht mal bemerkt. Einer schaffte es sogar sich selbst zu beseitigen. Er stolperte über eine Wurzel und brach sich dabei unglücklich das Genick.

Da die Nacht nun deutlicher hereinbrach, suchte er eine Schlafgelegenheit. Eine verlassene Bärenhöhle bot sich dabei an. Slayer schlug vor, am Eingang aufzupassen während sie selbst schlafen konnte.
Der Rüde hatte gelernt, zu ruhen ohne etwas zu überhören. Sitzend, grade so das er hinaussehen konnte und von aussen kaum wahrgenommen werden konnte. Nur wittern konnte man ihn. Seine Augen waren geschlossen, der Atem gleichmässig. Er rechnete fest damit, Das Elraynn sich ausruhen würde.

Die Nacht war ruhig...zur Abwechslung mal.